Cacao Gardener Initiative - Ein Beitrag von Marcus

Marcus und ich sitzen am Arnimplatz in Berlin. Marcus spricht von seiner Reise nach Kolumbien, von Kakao und von der Vision dort einen “heiligen” Kakaowald zu pflanzen. Fasziniert höre ich ihm zu und möchte am liebsten sofort selbst ein Cacao Gardener werden - ein Kakaobaumpate. Nun freue ich mich sehr, dass Marcus für unseren Blog von seiner Reise nach Kolumbien und von dem Spirited Cacao Forest erzählt. Herzlich, Felix

Cacao Gardener Initiative

 

 Ein Gastbeitrag von Marcus Weber

Wie in Kolumbien ein Spirited Cacao Forest, ein heiliger Kakaowald entsteht

Es ist Samstagnachmittag, ich sitze mit Juan Pablo in der Nursery, der Baumschule, und habe Tränen in den Augen. Eine Woche bin ich nun hier, im Norden Kolumbiens, auf einem schmalen Küstenstreifen zwischen dem Karibischen Meer und den schneebedeckten Gipfeln der Sierra Nevada de Santa Marta. Eine Woche voller Abenteuer, die damit endet, dass wir gemeinsam Kakaobäume pflanzen.

 

Kakaofrucht mit Samen - Juan Pablo pflanzt Kakaobohnen
Links: Kakaofrucht mit den Samen / Rechts: Juan Pablo pflanzt Kakakobohnen

 

Bohne für Bohne stecken wir in die vorbereiteten Erdpellets. Zuerst das kleine Loch mit dem Zeigefinger etwas vertiefen, dann die Kakaobohne mit dem Trieb nach unten hineinstecken. Die Erde etwas andrücken – fertig. Mit jeder Bohne lege ich einen Wunsch in die Erde: Liebe, Ausgeglichenheit, Gesundheit, Dankbarkeit, Freude, Geduld. Dafür bin ich hierher gereist, um mitzuhelfen unseren Spirited Cacao Forest wachsen zu lassen.

 

 Marcus beim Pflanzen der Kakaobohnen
Marcus beim Pflanzen der Kakaobohnen

Die Anfänge, Teil 1: Die Fundamente einer Brücke entstehen

Rückblick: Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich vor etwa anderthalb Jahren bei einem Zoom Meeting in meiner Küche sitze. Lena, Gabi und Serap sind mit mir verbunden, wir kennen uns über Serap und ihr Cacao-Guardian-Training. Jetzt sprechen wir über unser Projekt, eine Brücke in die Heimat des Kakaos zu bauen. Bestimmt zehn Mal haben wir uns schon getroffen, sind in einen Medizinkreis eingetreten, mit den vier Himmelsrichtungen und den Elementen Erde, Wasser, Luft und Feuer. Und immer noch frage ich mich, was ich in dieser Runde mache, und ob das nicht ganz und gar unmöglich ist, diese Brücke zu bauen. Von Europa in einen fremden Kontinent. Doch an diesem Tag fällt mein Blick während des Gesprächs auf die Packung Kakao, die auf meinem Küchentisch liegt. Ich denke: „Wenn der Kakao den Weg zu mir gefunden hat - dann muss es auch einen Weg zu ihm geben.“

Ankunft in der Sierra Divina

 „Ich hol dich am Eingang des Tayrona Nationalparks ab“, hatte Ricardo vor meiner Reise zu mir gesagt. Ihm gehört das Land, auf dem der Kakaowald entsteht. Ricardo lebt in Bogota, Kolumbiens Hauptstadt, die rund anderthalb Flugstunden südlich von Santa Marta und dem Kakaowald liegt. Er ist Anfang 40, Freiberufler, mitten in einer Transformation vom Geschäftsmann zum Meditationslehrer.

Und so sitze ich also an einem Sonntagvormittag in einem Café am Eingang des Nationalparks und warte. Auch wenn ich mal wieder Zweifel habe – tatsächlich steigt Ricardo ein paar Minuten nach dem vereinbarten Zeitpunkt aus einem großen, dunkelgrünen Auto und schließt mich in die Arme. Eine kurze Fahrt auf der Küstenstraße Richtung Osten – dann erreichen wir die „Sierra Divina“, das 34 Hektar große Grundstück, das er vor zehn Jahren gekauft hat. Damals war alles kahl, erodiert, heruntergewirtschaftet; die Vorbesitzer hatten hier intensive Rinderzucht betrieben. Nach einigen Jahren Ruhephase hatte sich das Land erholt und als sich Ricardo dann fragte, was er darauf pflanzen solle, war die Antwort: „Pflanz Kakao.“

Gemeinsam mit Juan Pablo, der im Dorf um die Ecke wohnt und seit Jahren für die Federacion Nacional de Cacaoteros arbeitet - eine Organisation, die kolumbianische Kakaobauern berät und ihre Interessen vertritt -, beginnt Ricardo also ein Kakao-Projekt.

 

Ricardo und Juan Pablo, Gründer des Kakaoprojekts Sierra Divina
Ricardo (links) und Juan Pablo, Gründer des Kakaoprojekts Sierra Divina

Die Anfänge, Teil 2: Die Geburt der Cacao Gardeners

Dann kommt unser Medizinkreis ins Spiel: Über zwei Ecken finden Lena, Gabi, Serap und ich den Kontakt zu Ricardo – oder er zu uns. Wir beginnen uns auszutauschen, erzählen ihm von unserer Vision einen Spirited Cacao Forest zu pflanzen. Wir alle arbeiten mit zeremoniellem Kakao und wollen dem Kakao etwas zurückgeben – sozusagen seine Quelle nähren. Wir wünschen uns blühende Kakaowälder, die nicht nur ökologisch und sozialverträglich gepflanzt werden, sondern die auf eine heilige Weise entstehen. Wälder, die wirklich im Einklang mit Pachamama, mit Mutter Erde wachsen.

Bei Ricardo rennen wir damit offene Türen ein. Auch für ihn ist Kakao keine Handelsware, sondern „heilig, eine Pflanzenmedizin, ein Weisheitsbewahrer“, wie er in seinem Manifest schreibt. Seine Vision: 11.111 Kakaobäume, die in einem zehn Hektar großen regenerativen Kakaowald auf Permakulturbasis wachsen.

Gemeinsam entwickeln wir die Cacao Gardener Initiative ➚, ein Projekt, bei dem wir Kakaobaum-Patenschaften für die Sierra Divina vermitteln. Die 55 Euro pro Patenschaft werden für das Pflanzen, die Pflege und den Erhalt der Kakaobäume und ihrer Nachbarbäume verwendet. Unser erstes Ziel ist, einen Hektar zu bepflanzen – mit rund 1.100 Kakaobäumen und noch einmal so vielen „Mutterbäumen“, die den kleinen Kakaopflanzen den notwendigen Schatten spenden.

Das Herz der Welt

 Apropos Schatten: Als ich an besagtem Sonntag aus dem klimatisierten Wagen steige, läuft die Mittagssonne zu Hochform auf. Es fühlt sich an wie im Tropenhaus. Die Moskitos surren und wir machen einen ersten Rundgang über das Grundstück. Ein Mangobaum begrüßt mich, dahinter eine Avocado, ein paar Kokospalmen. Nebendran steht das alte Farmhaus, in dem Chente lebt, der mit seinem Vater und einem Freund die meisten praktischen Arbeiten im Kakaowald übernimmt.

 

Farmhaus in der Sierra Divina
Farmhaus in der Sierra Divina

 

Hier der Gemüsegarten, in dem Tomaten und Paprika wachsen, der aber bald zur Baumschule umfunktioniert wird. Dort ein kleiner Teich, Auffangbecken für das Regenwasser. Direkt dahinter beginnt der Hang, auf dem bereits die ersten Kakaobäume stehen. Ich laufe hin, begrüße einige der Bäume, berühre ihre Blätter. Ich kann es kaum glauben, wirklich hier zu sein.

 

Kakaopflanzen aus dem Piloten, der im November 2020 gestartet ist
Kakaopflanzen aus dem Piloten, der im November 2020 gestartet ist

 

Noch ein Mal schlafen, dann beginnt eine Woche voller Abenteuer – das größte davon wird Migel sein. Er gehört zu den Kogi, einem indigenen Volk, das jahrhundertelang zurückgezogen in den Bergen der Sierra lebte und erst vor wenigen Jahren Kontakt mit unserer Zivilisation aufgenommen hat. Migel ist ein Mama, eine Art Schamane. Wir werden ihn in seinem Dorf abholen, zusammen mit seiner Frau Haba, seinem erwachsenen Sohn Juan und drei weiteren Kindern. Sie werden vier Tage bei uns sein, mit uns Kakao trinken und Zeremonien für den neuen Kakaowald halten. Und ich werde anfangen zu verstehen, warum die Kogis sich als die „älteren“ und uns als die „jüngeren“ Brüder bezeichnen – und warum sie ihr Land und ihre Berge das „Herz der Welt“ nennen. Aber das ist eine andere Geschichte.

 

Marcus, Migel und Juan in der Sierra Divina
v.l.n.r. Marcus, Migel und Juan in der Sierra Divina

 

Liebe Leserin, lieber Leser – die Cacao Gardener Initiative benötigt weitere Unterstützung. Ich freue mich sehr, wenn du dich entschließt, auch ein(e) Kakao-Gärtner(in) zu werden und die Brücke zwischen den Kontinenten zu bauen. Hier findest du alle Informationen ➚.

Herzlich, Marcus

 

Über Marcus
Marcus leitet Kakaozeremonien und Übergangsrituale, arbeitet mit schamanischer Energiemedizin und gibt Qigong-Kurse. Er liebt es, Räume der Stille und Geborgenheit zu öffnen und mit anderen Menschen zu teilen. Es sind Räume, um tief ins eigene Herz zu tauchen, anzunehmen, zu heilen. Mehr über Marcus auf seiner Internetseite Tempel-Bauen ➚ und bei Instagram ➚. Dort kannst du auch einige seiner Gedichte lesen.